Kaum von der Team-EM zurück stand schon das nächste Highlight auf dem Turnierplan: Das Finale der DSAM (Deutsche Schach-Amateurmeisterschaft) wartete. Kurz zweifelten wir, ob wir angesichts der anstrengenden EM, die auf die anstrengende DJEM und diese wiederum auf den anstrengenden Endspurt in der Schule folgte, nicht das Turnier absagen und lieber eine Woche Erholung einstreuen sollten. Nach 14 Stunden Schlaf meine Lily aber dann: „Ich habe mich nicht umsonst qualifiziert, ich will das dann auch spielen.“ Diskussion zu Ende, auf nach Bad Wildungen!
Beim Finale der DSAM spielen die bestplatzierten der sieben Qualifikationsturniere unter sich in ihrer jeweiligen Gruppe (A-G) den Sieger aus. Die Gruppeneinteilung aufgrund der Wertungszahl am Stichtag Anfang der Saison führt tendenziell dazu, dass im Finale jugendliche Schachspieler, die zwischen diesem Stichtag und dem Finale große Leistungssprünge gemacht haben, am Ende ganz vorne zu finden sind. Lily ist dafür das beste Beispiel. Am Stichtag (01.11.2024) lag sie mit ihrer Zahl knapp unter der oberen DWZ-Grenze (1750) für die Gruppe D, bis zum Finale gewann sie knapp 200 Punkte und führte nun mit knappem Abstand die Setzliste vor dem Turnier an. Sie war damit keine Ausnahme, sondern in guter Gesellschaft: Die ersten 29 Teilnehmer des Finales in ihrer Gruppe waren mittlerweile mit ihrer Zahl über die Gruppengrenze geklettert. Es ist keine verwegene Prognose, dass die meisten ihre schachliche Leistungsgrenze noch nicht erreicht haben und sich weiter verbessern werden. Es würde also schwer werden gegen sie im Finale zu bestehen.
Im Maritim-Look passend zur Maritim-Location in Bad Wildungen
Für Lily lief es allerdings sehr gut. Sie spielte alle Runden am 1. Brett, startete mit drei Siegen und einigte sich in der 4. Runde mit ihrem Gegner auf ein Remis (und das schon im Mittelspiel) – eigentlich nicht Lilys Art, aber die Luft im Spielsaal war dieses Mal nicht so gut, wie eigentlich von Bad Wildungen gewohnt. Die Klimaanlage lief nicht und es wurde mit der Zeit sehr stickig. Lily und ihr Gegner konnten nicht mehr bei klarem Verstand weiter spielen. Vor der letzten Runde gab es vier Spieler mit 3,5 Punkten an der Turnierspitze, dahinter weitere 5 Spieler mit einem halben Punkt Abstand zu dieser Gruppe. Es war klar, dass der Turniersieg nur mit einem Sieg in der letzten Runde zu erreichen sein würde. Lily spielte eine schöne strategische Angriffspartie und konnte diese souverän gewinnen.
Weiß steht hier strategisch schon auf Gewinn, wenn man den richtigen Plan findet, und Lily fand ihn! Mit Db2, langer Rutsche und Tg1 stehen alle Figuren zum Angriff auf den schwarzen König bereit. Dann im richtigen Moment auf g5 nehmen, f4 spielen und durchbrechen. Schwarz kann dagegen langfristig wenig unternehmen.
Die Partie an Brett 2 endete Remis, damit war klar: Es brauchte dieses Mal nicht einmal Buchholzglück, mit einem halben Punkt Abstand gewann Lily das Turnier der Gruppe D. Dies ist ein besonderer Erfolg für sie. 1x EM Silber, 3x Team-EM Bronze, 4. bei der Rapid-WM und -EM und Deutsche-Jugend-Vizemeisterin sind tolle Leistungen, aber sie stand bisher noch nie bei einer bedeutenden Meisterschaft auf eins. Und damit nicht genug: Da sie logischerweise auch beste Frau ihrer Gruppe war, hat sie sogar zwei Titel gewonnen:
Deutscher Meister und Deutsche Meisterin Lily Schirmbeck!
Hochrangige Gratulanten: Lily mit ihren Pokalen umrahmt von DSB-Präsidentin Ingrid Lauterbach und DSB-Vizepräsident Jannik Kiesel
Alle Sieger der Gruppe-D: Vitaliy Sviridov (rechts neben Ingrid Lauterbach) belegte den 4. Platz und war der einzige, der sich in die Phalanx der Jugendspieler reinmogeln konnte ;-).
Link zu Lilys Partien beim DSAM-Finale