Lily Schirmbeck hat bewegte Schachwochen hinter sich. Los ging es vor zwei Wochen mit der OWL-Meisterschaft. Dort spielten von unserem Verein Lily in der U10w und Florian in der U12. Lilys Turnier wurde in Gütersloh in der schönen Aula der Anne-Frank-Gesamtschule ausgerichtet, Florians Turnier fand in Paderborn statt. Die U10w und U12w spielten ein gemeinsames Turnier. 5 Runden Langschach verteilten sich über 2 Tage (Samstag und Sonntag). Ganz schön anstrengend für die Kinder, vor allem weil sie ja auch noch die letzte Schulwoche vor den Osterferien in den Köpfen hatten.

Der Spielsaal in Gütersloh. An den 4 Reihen verteilten sich die Teilnehmer des Mädchenturniers, die U10 (2 Reihen) sowie die Teilnehmer des Einsteigerturniers. Nur die besten der U10 und U10w konnten sich für die NRW-Meisterschaft qualifizieren. Lily ist auf dem Bild ganz vorne rechts (ihr „Stammplatz“).

Vor der ersten Runde: Etwas schüchtern blickt die Heldin unserer Geschichte an den ausgestellten Trophäen vorbei. Sollte am Schluss etwa eine davon die ihre sein?

Es stellte sich heraus, dass die U10w sogar stärker besetzt war als die U12w. Es wurde im Turnierverlauf immer deutlicher, dass es ein hartes Ringen um die 2 Qualifikationsplätze werden würde. In der ersten Runde spielte Lily gegen Yelyzaveta (Liza) Hladeniuk – ein ukrainisches Mädchen, welches wie ihre Schwester Dascha erst seit ein paar Wochen in Deutschland ist. Die beiden haben in der Ukraine aber schon einige Turniere gespielt, was wir zu dem Zeitpunkt allerdings noch nicht wussten. Den beiden Schwestern werden wir im Verlauf der Erzählung noch häufiger begegnen.

Lily hat gerade den König in Sicherheit gebracht. Schwarz bester Zug ist jetzt cxd4, um die Bauernmehrheit im Zentrum zu aktivieren. Liza zog aber c4 und machte das Zentrum zu, was schon deutlichen Vorteil für Weiß bedeutet. Lily gab sich in der Folge keine Blöße und gewann die Partie sicher. Ein guter Einstieg ins Turnier!

In der zweiten Runde traf sie auf Weiqi Cao von der Schachakademie Paderborn, die für ihre gute Jugendarbeit bekannt ist. Die Partie ging hin und her, auf Verlust stand Lily zwar nie, diverse Möglichkeiten Vorteil zu bekommen ließ sie aber leider aus. Im Endspiel behielt sie schließlich die Oberhand und gewann die Partie.

Weiqi zog hier den Verlustzug Ta6+. Dies erlaubte Lily aber mit dem König an den Freibauern heranzulaufen, was sie auch sah und tat.

Sehr schön zu sehen das Endspiel, welches mittlerweile gewonnen ist. Der weiße Turm muss sich gegen den Freibauern opfern und die weißen Bauern sind zu weit hinten, um eine ernsthafte Gefahr zu sein.

Die Partie erregte aufgrund der langen Spieldauer großes Interesse. Der Stuhlkreis um Lily herum hielt die Kiebitze auf Abstand. So eine Situation war für sie neu, sie behielt glücklicherweise die Nerven.

Die dritte Partie am Samstag entschied letztlich das Turnier. Lily spielte gegen Daria Shynkar, die Schwester von Liza, ihrer Gegnerin aus der Runde 1. Diese Partie hatte es echt in sich und war sehr taktisch. Lily hatte in der folgenden Stellung die große Chance, Dascha zu besiegen:

Dascha hat gerade den Bauern b2 geschlagen. Erfahrene Spieler würden das Motiv ziemlich sicher sehen: Die schwarze Grundreihe ist schwach, mit Tb1 kann Weiß das ausnutzen. Schwarz müsste die Dame geben, um nicht mattgesetzt zu werden.

Leider sah Lily das Motiv nicht, spielte Txd5 und verlor schließlich die Partie im Endspiel – nach zwei Siegen der erste Rückschlag. Ziemlich erledigt von drei Partien (sowohl unsere Heldin als auch ihr nervöser Vater, Trainer und Sekundant) fuhren wir doch etwas enttäuscht nach Hause. Am nächsten Morgen standen die zwei letzten Runden an. Noch war nichts verloren. Dascha hatte zwar voll gepunktet und führte das Turnier an, aber mindestens der zweite Platz war aus eigener Kraft noch erreichbar, bei einem Fehltritt Daschas vielleicht sogar noch der erste.

Ein gewohntes Bild (hier Ende der dritten Runde): Alle Mann sind fertig, nur Lily spielt noch ihre Partie.

In der nächsten Runde spielte Lily gegen Maryam bar Abdo vom Rhedaer SV. Diese hatte erst einen Punkt gesammelt, daher war Lily Favoritin. Trotzdem wurde es eine Zitterpartie. Lily hatte unachtsamerweise im Mittelspiel eine Figur eingestellt und kämpfte somit eigentlich auf verlorenem Posten. Aber wie das manchmal so ist, diesmal kam der Schachgott zu Hilfe und der Gegnerin unterlief ein entscheidender Fehler.

Sc3 stellt eine letzte Falle auf und die Gegnerin tappt direkt hinein: Ld7, Txe1, Txe1, Txe1#. Puh, nochmal Glück gehabt!

Nun war die Ausgangsposition eine Gute. Dascha spielte parallel gegen Malin Kühne vom Blauen Springer aus Paderborn Remis, das brachte Lily wieder auf einen halben Punkt heran. Dahinter folgte Lilys Gegnerin Liza aus Runde 1 mit einem halben Punkt zurück. In der letzten Runde wartete aber die vermeintlich schwerste Gegnerin Malin auf Lily. Sie spielte zwar, was die Platzierung anging, außer Konkurrenz, weil sie in der U12w antrat, aber das Ergebnis der Partie zählte natürlich trotzdem. Lily und Malin kennen sich schon länger vom Kadertraining und hatten dementsprechend viel Respekt voreinander. Die Partie war die kürzeste. Dascha gewann aber noch schneller ihre Partie, der Turniersieg war also selbst bei einem Sieg nicht mehr drin. Lily wusste, dass sie mit einem Remis zur NRW-Meisterschaft fahren würde, also bot sie es in einer bis dahin ereignisarmen Partie in folgender Stellung an:

Soweit so gut, der Computer bestätigt, dass nicht viel los ist. Da kann man auch mal Remis machen, wenn es dem Turnierziel dient.

Der zweite Platz wurde es also am Ende. Erste wurde verdienterweise Daria, dritte ihre Schwester Liza. Lily befand sich also ergebnistechnisch im ukrainischen Sandwich, was ganz gut passt, da sie schließlich auch ukrainische Vorfahren mütterlicherseits hat.

Die stolzen Pokalgewinnerinnen: In der Mitte Dascha, links Liza und rechts sichtlich stolz unsere Lily. Dascha gewann sogar das kombinierte U10w und U12w Turnier vor Malin.

Offiziell gab es zwei Plätze für die NRW-Meisterschaft zu verteilen, an dem Abend wussten also nur Dascha und Lily, dass sie sich auf dem Wolfsberg in Kranenburg zwei Wochen später wieder sehen und miteinander konkurrieren würden. So viel sei verraten: Auch Liza durfte schlussendlich fahren und alle drei haben dort noch weitere Erfolge gefeiert. Florian spielte parallel im U12 Turnier in Paderborn und erreichte gegen starke Konkurrenz nach 2 Niederlagen zum Auftakt am Ende mit 50% der Punkte noch den 10. Platz, was im Rahmen der Erwartungen lag. Auch ihm hat das Turnier viel Spaß gemacht.

Fortsetzung folgt!